Fachartikel

Die Normalherstellungskosten im Sachwertverfahren

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Zeitschrift „Der Sachverständige“, Heft 1/2002

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Die Normalherstellungskosten im Sachwertverfahren

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Die Normalherstellungskosten im Sachwertverfahren

Nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG), BGBI Nr. 150/1992, ist bei der Anwendung des Sachwertverfahrens gemäß § 6 Abs. 3 zur Ermittlung des Bauwertes in der Regel vom Herstellungswert auszugehen. Die der Ermittlung des Herstellungswertes zugrunde zu legenden, nach den Raum- oder Flächenmeterpreisen bestimmten Normalherstellungskosten, sind nach § 10 Abs. 3 im Gutachten anzugeben.

Die durch Lage, Umland, Verwendungszweck, Größe, Ausbaugrad, Objektqualität und andere Merkmale bestimmte Wertevielfalt der baulichen Anlagen lässt die Schwierigkeit erkennen, die einer Festsetzung der jeweils maßgebenden Raum- und Flächenmeterpreise entgegenstehen. An dieser Aussage ändert auch eine Ableitung des Herstellungswertes aus einer detaillierten Leistungserfassung nichts, da bei der Ermittlung des Herstellungswertes immer von nachweisbaren Mittelwerten auszugehen ist, die aus einer ausreichenden Zahl von zeitnah errichteten und bilanzierten baulichen Anlagen abzuleiten sind und in der Regel dem einzelnen Gutachter nicht zur Verfügung stehen.

Der zur Ableitung des Herstellungswertes erforderliche Zeitaufwand und eine sicherlich anzustrebende regio­nal einheitliche und standardisierte Erfassung der Normalherstellungskosten hat den Landesverband Steiermark und Kärnten im Rahmen der Fachgruppe Immobilien vor Jahren veranlasst, für den Bereich des mehrgeschossigen Wohnbaues (Wohnungen, teilweise Geschäftsräume, Garagen) die Mittelwerte der Raum- und Flächenmeterpreise auf der Grundlage von detailliertem Datenmaterial für Neubauten zu ermitteln.

Die positive Aufnahme dieser Arbeit und laufende Nachfragen haben den Arbeitskreis zu wiederholten Veröffentlichungen bewogen und liegt nun das letzte Ergebnis in Form der folgenden, auf der Preisbasis Durchschnitt 2000 für die Jahre 1996 bis 2000 und für den Regionalbereich des Landesverbandes Steiermark und Kärnten ermittelten, Raum- und Flächenmeterpreise - reine Baukosten ohne Kosten der Außenanlagen, ohne Baunebenkosten und ohne Umsatzsteuer - vor. Die Kosten der Außenanlagen können im Mittel mit 3% und die Baunebenkosten (Gebühren und Honorare) im Mittel mit 19% angenommen werden.

Unter Einschluss der durchschnittlichen Außenanlagen- und Baunebenkosten - jedoch ohne Umsatzsteuer - stellen diese Raum- bzw. Flächenmeterpreise als Normalherstellungskosten (NHK) jenen Ausgangswert für eine Sachwertermittlung dar, aus dem entsprechend den wertbestimmenden Merkmalen des jeweiligen Wertermittlungsgegenstandes und der zu beachtenden Preisbasis, durch Zu- oder Abschläge der letztendlich maßgebende Herstellungswert des Gebäudes abzuleiten ist.
 

 reine BaukostenNHK
(o. UST)
A) nach Rauminhalt
für das Kellergeschoß
 
€ 158/m³
 
€ 193/m³
für die Geschäfts- und Wohngeschoße (einschließlich ausgebauter Dachgeschoße)€ 259/m³€ 316/m³
für die zugehörigen Tiefgaragen€ 154/m³€ 188/m³
   
B) nach Nutzfläche
für die Geschäfts- und Wohngeschoße (einschließlich ausgebauter Dachgeschoße)
 
€ 1.142/m²
 
€ 1.393/m²
für die zugehörigen Tiefgaragen€ 451/m²€ 550/m²

 
Für die Einschätzung von Zu- bzw. Abschlägen, die im Zuge einer Sachwertermittlung erforderlich sein können, sind nachstehend auch die im Rahmen der angestellten Ermittlungen gewonnenen Mittelwerte der Teilleistungen in Prozenten der reinen Baukosten ausgewiesen. Dazu ist anzumerken, dass die in den letzten Jahren zu bemerkende flexiblere Zuordnung der Leistungskategorien mit dem Wandel aktueller Bauweisen häufigere Veränderungen der Anteile als in früheren Jahren mit sich bringt.
 

Baumeisterarbeiten inkl. Trockenbau und Estriche55,6 %
Kunststein, Terrazzo, Steinmetz0,9 %
Platten- und Fliesenleger2,5 %
Zimmerer4,5 %
Dach- und Schwarzdecker, inkl. Spengler3,3 %
Fenster mit Verglasung und Sonnenschutz4,9 %
Türenherstellungen und Tischlerarbeiten3,8 %
Böden und Bodenbeläge2,7 %
Konstruktions- und Bauschlosserarbeiten4,7 %
Malerei und Anstrich1,6 %
Sanitär- und Lüftungsinstallation5,9 %
Heizungsinstallation4,0 %
Elektroinstallation4,8 %
Sonstige Herstellungen0,8 %
 100,0 %

 
Für die zeitliche Anpassung der vorstehenden Normalherstellungskosten wird die Anwendung des von der Statistik Österreich laufend verlautbarten Baupreisindexes für den Wohnhaus- und Siedlungsbau empfohlen.

Da die genannte indexgesteuerte Anpassung die regionalen Verhältnisse nicht erfassen kann, muss eine periodische Neuermittlung der Raum- bzw. Flächenmeterpreise vorgesehen werden. In diesem Zusammenhang darf hier wiederum darauf hingewiesen werden, dass es der große Einfluss des Sachwertes auf eine richtige Bewertung einer Liegenschaft in der Rechtssprechung, in steuerlichen Angelegenheiten, in Enteignungsfällen, aber auch in privatwirtschaftlichen Auseinandersetzungen, rechtfertigen würde, dieses und auch andere Probleme der Liegenschaftsbewertung, die eine Sammlung und Auswertung von Datenmaterial erforderlich machen, einer generellen Regelung, etwa im Rahmen des Hauptverbandes, zuzuführen.
 

Mitglieder des Arbeitskreises:
Ing. Karlheinz Gaber, TR Ing. Franz Kainz,
Baurat h.c. Dipl.-lng. Franz Josef Kollitsch,
Dipl.-lng. Franz Josef Seiser, TR Ing. Anton Voit



Weitere Veröffentlichungen über Normalherstellungskosten finden Sie in der Zeitschrift „Der Sachverständige“,
Hefte 2/1995, 2/1996, 4/1996 und 1/1998.